Den Studien des Innovationsforschers und KI-Experten Dietmar Harhoff zufolge ist Deutschland in der Grundlagenforschung zu KI international recht weit vorne dabei. Aber bei der Umsetzung von Innovationen in Patenten und der praktischen Anwendung in Unternehmen gibt es noch deutlichen Aufholbedarf. Immerhin gibt es inzwischen 28 von geplanten 100 KI-Professuren und es findet sich eine ganze Reihe an akademischen Bildungsangeboten zm Thema KI, vor allem im Bereich der Informatik.
Noch klafft eine riesige Lücke zwischen den Expert:innen und den Fachleuten und letztlich den „ganz normalen“ Bürger:innen. Da ist es kein Wunder, dass die Verwirrung groß ist, dass gleichzeitig Angst und Sorglosigkeit herrscht, wie beispielsweise die Diskussion von Datenschutzaspekten der Corona-App auf Facebook zeigt.
Aber es gibt zahlreiche Menschen, die etwas zum Thema KI lernen möchten, ohne dazu ein Studium zu belegen. Menschen, die sich Fragen stellen wie:
Dauernd höre ich KI, Big Data, IoT – was ist das eigentlich und wie beeinflusst das mein Leben?
Daten und Informationen, ist das nicht dasselbe?
Daten werden überall genutzt, aber was habe ich davon?
Wie funktioniert das überhaupt mit dem Datenschutz?
Für diese Zielgruppe gibt es wenige Bildungsangebote. Eins davon ist der noch ganz junge KI-Campus, eine vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte digitale Lernplattform rund um KI. Der Stifterverband, das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI), das Hasso-Plattner-Institut (HPI), NEOCOSMO und das mmb Institut entwickeln den KI-Campus gemeinsam seit Oktober 2019. Dort finden sich herausragende Angebote, die niederschwellig zugänglich, kurzweilig und sehr an der Praxis orientiert sind.
Welche Rolle spielt dabei die Statistik? Darüber diskutiere ich mit Tim Friede (DAGStat) und Gerd Antes (Cochrane Deutschland Stiftung) anlässlich des dritten World Statistics Day der UN:
Ein souveräner Umgang mit KI erfordert ein hohes Maß an Datenkompetenz. Datenkompetenz oder Data Literacy umfasst nicht nur die eher technischen Kompetenzen wie etwa Datenmanagement, Datenanalyse, Machine Learning oder Visualisierung.
Sondern Data Literacy ist die Voraussetzung, um Antworten zu finden auf folgende Fragen:
Wie kommt man von einem Problem aus der realen Welt zu einem Problem, das sich mit Daten und Algorithmen lösen lässt?
Was steckt in den Daten, was nicht?
Wie interpretiert man die Ergebnisse richtig und setzt sie ins Handeln um?
Deswegen ist es äußerst positiv, dass in der Diskussion rund um KI zunehmend auch Statistiker:innen eine Rolle spielen. So baut das Data Literacy Framework des Stifterverbands, das inzwischen international in der Hochschullehre eingesetzt wird, auf einer Studie von Informatiker:innen auf und ist von Statistiker:innen entwickelt.
HFD_AP_Nr_47_DALI_Kompetenzrahmen_WEB.pdf
Jetzt gilt es, einen solchen Kompetenzrahmen in Lernziele und Curricula zu übersetzen, und eben nicht (nur) in den Data-Science-Studiengängen, sondern in allen anderen Fächern: Medizin, Journalismus, bei den Stadtplanern, aber auch in der Erwachsenenbildung und in der Schule. Dieser Transfer in die Breite ist der entscheidende Schritt, um ein Verständnis für die Chancen von KI zu vermitteln. Dabei kann Statistik, die praktisch immer in engem Kontakt mit den Fachdisziplinen steht, einen entscheidenden Beitrag als „Übersetzer“ liefern.
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